2. Sonntag im Jahreskreis, 14. Jänner 2024
In jener Zeit stand Johannes am Jordan, wo er taufte, und zwei seiner Jünger standen bei ihm. Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes!
Die beiden Jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus. Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, sagte er zu ihnen: Was sucht ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister —, wo wohnst du?
Er sagte zu ihnen: Kommt und seht! Da kamen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde.
Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren. Dieser traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden – das heißt übersetzt: Christus – der Gesalbte.
Er führte ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen, das bedeutet: Petrus, Fels.
Liebe Mitchristinnen,
liebe Mitchristen, liebe Gottesdienstgemeinde!
Es ist immer wieder erstaunlich, was für spannende, lebensnahe und realistische Texte dieses alte Buch, das wir die Bibel nennen, für uns bereit hält.
Gerade eben haben wir zwei ganz hervorragende Beispiele gehört:
Zum einen die heutige Lesung aus dem Alten Testament, aus dem Samuel-Buch, das ca. aus dem 6. Jhd. vor Christus stammt: diese schöne, fast schaurige Geschichte, wie ein junger Mann namens Samuel von Gott zum Propheten gerufen, oder besser: be-rufen wurde. Das ist verpackt in eine nächtliche Begegnung, im menschenleeren Tempel, während der junge Samuel alleine dort schläft. Schon eine fast unheimliche, mystische Stimmung herrscht in dieser Erzählung. Ich denke mir, ein moderner Drehbuchautor von heute hätte daraus einen spannenden Mystery-Thriller gemacht.
Und dann unser Evangelium: wieder eine Berufungsgeschichte, aber eine sehr eigenartige! En passant, im Vorübergehen passiert es, wie Jesus da seine ersten Jünger anspricht und für sich gewinnt.
Eigentlich hat diese Szene sogar etwas Peinliches an sich. Wenn wir uns das noch einmal vorstellen: da geht Jesus am Jordan entlang und merkt offenbar, dass ihm plötzlich zwei Gestalten hinterher schleichen. Er dreht sich um und fragt: „Was wollt ihr?“
Die zwei Angesprochenen fühlen sich ertappt. Und ich kann mir gut vorstellen, dass sie recht überrumpelt, recht verdattert dagestanden sind.
Was sagt man da jetzt? Die Aktion war ja alles andere als geplant. Die beiden Jünger des Johannes sind ja offenbar ganz spontan losgelaufen, als der Täufer auf Jesus gezeigt hat und sagte: Das ist der, den ich meine. Großartig überlegt haben die beiden dabei wohl kaum etwas. Und dann dreht sich der plötzlich um und fragt: „Was wollt Ihr?“
Ja, was wollten sie denn? Ich glaube, das wussten die beiden selber nicht.
„Meister, wo wohnst Du?“ plapperten die los. Als ob es ihnen um die Adresse gegangen wäre. Ihre überlieferte Antwort klingt irgendwie eigen, verlegen und einfach so daher gesagt – so, als wäre ihnen nichts Besseres eingefallen.
„Was wollt Ihr?“
Hätten Sie, hättet Ihr, hätte ich eine bessere Antwort?
Also, ich bin mir nicht sicher. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt eine Antwort hätte geben können.
Denn: was will ich eigentlich? Was erwarte ich von Gott, von Jesus? Gesundheit? Reicht mir das? Glück im Leben? Zufriedenheit? Ist das schon alles? Und: um was geht es denn eigentlich? Das Reich Gottes – was genau ist denn das?
Ich denke, letztlich hätte ich Jesus eine ähnlich unbeholfene Antwort gegeben, wenn er sich plötzlich zu mir umgedreht hätte und mir diese Frage gestellt hätte. Meine Antwort wäre wohl genauso verlegen und deplatziert gewesen wie die der beiden Jünger.
Ich kann nur hoffen, dass ich dann aber auch so klug wie sie reagiert hätte. Auf seine Einladung –„Kommt und seht!“ – sind sie nämlich einfach mit ihm mitgegangen. Und sie sind bei ihm geblieben; und – wie man aus dem weiteren Verlauf des Evangeliums weiß – nicht nur für diesen einen Tag.
Aber wahrscheinlich ist es wirklich so: die eigentliche Antwort auf Jesu Frage „Was wollt Ihr“ finden wir nur, wenn wir seine Nähe auch bewußt suchen, wenn wir uns mit diesem Jesus auf den Weg unseres Lebens machen, wenn wir uns begleiten lassen, wenn wir an seiner Seite durch das Leben gehen.
Und dann wird es vielleicht jeden Tag ganz anders aussehen, das, was wir von ihm erwarten, was wir uns erhoffen und was wir wirklich brauchen. Es wird vielleicht für jeden Augenblick meines Lebens eine andere Antwort darauf geben auf die Frage, „Was will ich denn eigentlich?“ Und ich werde es vielleicht immer wieder anders umschreiben und erklären müssen, wer er für mich ist und welche Bedeutung Jesus und der Glaube an ihn für mich hat.
Unser heutiges Evangelium macht dabei deutlich, dass das so ganz in Ordnung ist. Es geht nämlich im Glauben nicht darum, gescheite und wohlformulierte Antworten parat zu haben, nicht einmal darum, die richtigen Fragen zu stellen. Es geht nämlich in erster Linie darum, seine Nähe zu suchen, ihm zu folgen, so wie es die ersten Jünger vertrauensvoll taten.
Auch dann kann es noch immer sein, das ich nicht genau beschreiben könnte, wer Jesus für mich ist und was ich mir wirklich von ihm erwarte und ausmale. Ich werde nicht wirklich mehr wissen. Aber: ich darf etwas spüren. Ich werde erleben, wie wichtig es ist, dass er in meiner Nähe ist und ich werde spüren, was ich an diesem Jesus habe und was er für mein Leben bedeutet, je länger ich in meinem Leben mit ihm unterwegs bin.
Amen.
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