Fest der Heiligen Familie, 31. Dezember 2023

30. Dez 2023 | Ankündigungen, Gruppierungen, Pfarre, Spirituelles

Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.
Als sich für die Eltern Jesu die Tage der vom Gesetz des Mose vorgeschriebenen Reinigung erfüllt hatten, brachten sie das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn darzustellen, wie im Gesetz des Herrn geschrieben ist:
Jede männliche Erstgeburt soll dem Herrn heilig genannt werden. Auch wollten sie ihr Opfer darbringen, wie es das Gesetz des Herrn vorschreibt: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben.
Als seine Eltern alles getan hatten, was das Gesetz des Herrn vorschreibt, kehrten sie nach Galiläa in ihre Stadt Nazaret zurück.
Das Kind wuchs heran und wurde stark, erfüllt mit Weisheit, und Gottes Gnade ruhte auf ihm.

Liebe Mitchristinnen, liebe Mitchristen, liebe Pfarrgemeinde!

Wir alle kennen den bekannten Spruch, er stammt angeblich aus Griechenland „Seine Freunde kann man sich aussuchen, seine Familie nicht.“
Wir alle sind in Familien hineingeboren, die Umstände, wie gut oder wie schlecht sie dann letztlich sind, liegen nicht in unserer Hand.
In der Regel sind unsere Eltern, vielleicht auch unsere Geschwister, oder aber auch unsere Kinder bzw. Enkelkinder die Menschen, die uns am nächsten stehen, mit denen wir „Freud und Leid“ teilen oder die, die uns am meisten am „Herzen liegen“, wie wir es oft ausdrücken. Und das ist auch gut so, normalerweise!
Denn: dass das so ist, ist natürlich ein Ideal! Oft ist es leider auch so, dass die Umstände des Lebens einem engen und innigen Kontakt eher im Wege stehen, dass Beziehungen eben nicht gelingen. Warum und wie auch immer und dann, wenn es gar nicht gut geht, sogar belastend sind. Ich denke, jeder von uns kann davon „ein Lied singen“, wie man so schön sagt. Mit der Familie, mit den eigenen Kindern, der Verwandtschaft – ja, da ist es nicht immer leicht!
Dabei: an die „Familie“, insbesondere auch an die Ehe, werden, und dass nicht nur kirchlicherseits, eigentlich recht hohe Anforderungen und Erwartungen gestellt. Sie seien ja doch die Keimzelle der Gesellschaft, sie legen den Grundstein für ein gelingendes menschliche Leben. Sie sind der Ort, wo Glaube gelebt und weitergegeben wird, ja, sie sind sogar das Abbild der Liebe Gottes zu uns Menschen usw. Das ist alles sicher richtig und gut. Aber wir alle wissen, wie fragil und zerbrechlich solche Konstellationen auch sind, weil wir Menschen eben nicht eindimensional und uniform, sondern Individuen, eben Menschen (!) sind. Und deswegen sind die Formen dieser Konstellationen mittlerweile auch, sagen wir, bunter, unterschiedlicher geworden. Denken wir nur an das Stichwort „Patchworkfamilie“.
Tatsache ist: Familien und ihre individuellen Geschichten geben ihren Mitgliedern, vor allem den Kindern, meist beides mit auf ihren Weg, Helles und so manch Dunkles leider auch.
Und wenn wir heute am „Fest der Heiligen Familie“ auf diese sogenannte heilige Familie, auf die Familie Jesu schauen, wie sie uns die Bibel schildert, dann dürfen wir feststellen: auch dort war es alles andere als ideal, war es nicht nur hell!
Über das konkrete Familienleben von Josef, Maria und Jesus erfahren wir aus der Bibel nahezu nichts. Zwischen der Geburt Jesu und dem Beginn seines Wirkens wird nur der Vorfall mit dem 12-jährigen Jesus im Tempel erzählt. Es war den Menschen aber immer ein Bedürfnis, sich etwas zu Jesus und seinem Umfeld vorstellen zu können. So entstanden Bilder und Legenden rund um Jesus und seine Familie. Und so ist letztlich auch das Fest der Heiligen Familie entstanden.
Die Wurzeln des Festes reichen bis ins späte Mittelalter zurück. Im liturgischen Kalender fixiert wurde es erst 1920. Auf den ersten Blick erscheint da wenig Heiliges und Nachahmenswertes: der Vater unsicher und kaum in Erscheinung tretend, die Mutter, die sich von ihrem Sohn zurechtweisen lassen muss, der Sohn, der so sehr seine eigenen Wege geht, dass ihn sogar die eigene Verwandtschaft für verrückt erklärt.

Aber vielleicht ist das genau der Punkt, an dem diese Familie zur „Heiligen“ Familie wird. Denn Maria bleibt ihrer Zusage treu (Mir geschehe nach deinem Wort) obwohl der Sohn ihr Sorgen macht, Josef nimmt seine Vaterschaft an, ohne alles zu verstehen und Jesus macht sich als Erwachsener auf den Weg, das zu tun, was sein Auftrag ist. Die Geschichte dieser Familie war zwar voll von Brüchen und Konflikten, aber auch getragen von jenem Vertrauen, dass man letztendlich in die Hand eines liebenden Gottes fällt.
Was uns beim Lesen des heutigen Evangeliums ganz deutlich geworden ist, ist in welchem festgefügten religiösen Rahmen hier die Kindheitsgeschichte erzählt wird. Das sogenannte Reinigungsopfer, das für ein frommes, jüdisches Ehepaar 40 Tage nach der Geburt eines Kindes selbstverständlich war, weil alles in der Tora, der jüdischen Bibel, seit Jahrhunderten vorgegeben ist; der Brauch, dazu nach Jerusalem in den Tempel zu gehen, und damit das Kind ganz bewusst Gott „darzustellen“, ihm den Erstgeborenen symbolisch zu übergeben also ihm, dem Schöpfer allen Lebens ganz bewusst dafür zu danken.
Das alles geschieht ganz unaufgeregt und selbstverständlich und gibt, wie ich mir denke, damit einen „Lebensrahmen“, ein „Lebensgefühl“ vor, der jeglichen Druck nach dem Motto „Es muss alles perfekt sein in unserer Familie, unserem Leben“ herausnimmt. Nein, es muss nicht alles perfekt sein, aber, so scheinen Jesu Eltern es vorgelebt haben, „wir sind mit unserem Leben in Gottes Hand; unser Glaube ist uns dazu eine Hilfe und eine Stütze, komme, was da kommen mag.“
Die letzten Sätze unseres Evangeliums bringen das ganz gut zum Ausdruck: „Das Kind wuchs (und ich füge hinzu: unter diesen positiven Umständen!) heran und wurde stark; erfüllt mit Weisheit (und ich ergänze: mit Glauben und Vertrauen!), und Gottes Gnade ruhte auf ihm.“
Im Übrigen: darüber hinaus, außer vielleicht in der Episode des 12-jährigen Jesu im Tempel, erfahren wir dann nichts mehr über die Kindheit Jesu in den Evangelien. Alles andere sind Legenden und Ausschmückungen aus späterer Zeit.
Leider steht unser Begriff, unsere Vorstellung von „Heiliger Familie“ dem etwas im Weg, den heutigen Tag wirklich als Fest zu verstehen. Denn: was gibt es eigentlich zu feiern? Eine Familie, die alles andere war als das Ideal, als das sie jahrhundertelang dargestellt wurde? Ein Ideal, hinter dem wir immer zurückstehen werden?
Nein!
Zu feiern ist: Gott hat sich nicht gescheut uns Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Er kommt in unserem Leben an, wie es eben ist. Er kommt in unserer Familie an, wie sie eben ist.
Eine heilige Familie ist keine, in der es nie Konflikte gibt, sondern eine, in der mit schwierigen Situationen gut umgegangen wird.
Das verlangt Liebe, Geduld, Respekt, Toleranz und den Glauben, dass es letztlich keine hoffnungslose Situation geben kann.
Das Fest der Heiligen Familie ist dann das Fest der Familien, in denen Frauen, Männer und Kinder miteinander auf dem Weg sind, aneinander und voneinander lernen. Es ist das Fest der Familien und Wohngruppen, in denen jede und jeder den Weg gehen kann, zu dem er/sie berufen ist. Wo Vertrauen und Hoffnung keine Fremdwörter sind. Und da ist die Art der Familie gar nicht wichtig. Es ist das Fest der Menschen, die Gott suchen. Es ist unser Fest!
AMEN 

Rebekka und Thomas Sobottka

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