Hochfest der Geburt des Herren, 25. Dezember 2024
Als die Engel von den Hirten in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander:
Lasst uns nach Betlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat.
So eilten sie hin und fanden Maria und Josef
und das Kind, das in der Krippe lag.
Als sie es sahen, erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war.
Und alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen von den Hirten erzählt wurde.
Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen.
Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für alles, was sie gehört und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war.
Die Hoffnung ist kein Einzelkind; sie hat eine kleine Schwester. Kennen Sie die kleine Schwester der Hoffnung? Es ist die Sorge!
Liebe Gemeinde,
liebe Mitchristinnen, liebe Mitchristen!
Ich schaue jetzt in einige recht ungläubige Gesichter. Was soll Sorge mit Hoffnung zu tun haben, und das auch noch heute, am Weihnachtsfesttag?
Nun, eigentlich ist es recht einfach: wenn wir uns ein Ziel vornehmen und dann an unserem Ziel angekommen sind, brauchen wir keine Hoffnung mehr. Dann haben wir schließlich das Ergebnis: wir haben das Ziel, das wir uns vorgenommen erreicht oder auch nicht.
Wenn z.B. Schüler die Rückgabe einer Schularbeit erwarten, können sie hoffen, solange hoffen, bis die Note vor ihnen auf dem Tisch liegt. Dann braucht es keine Hoffnung mehr, dann gibt es nur noch das Ergebnis: eine 1 oder eine 5, oder irgendwas dazwischen, Grund zur Freude oder Auslöser von Enttäuschung, bzw. Ärger mit den Eltern.
Vielleicht ist deshalb das Osterfest mit ganz anderen Emotionen besetzt als das Weihnachtsfest. Ostern steht für das Ziel unseres Glaubens. An Ostern ist sozusagen alles vollbracht und der Himmel steht offen. An Ostern steht weniger die Hoffnung im Vordergrund, sondern vielmehr Dankbarkeit und große Freude.
Weihnachten hingegen, das wir heute feiern und das gestern mit dem Heiligen Abend ja erst begonnen hat, ist ganz anders. Weihnachten steht für einen Anfang. Ein Kind wird geboren. Und wenn ein Kind geboren wird, dann stehen alle Wege der Welt offen.
Ich kann mich noch gut an die Geburt unseres ersten Kindes, unserer ältesten Tochter, inzwischen 30 Jahr alt, erinnern. Was war das für ein Moment, ein kleines, neues Wesen in Händen zu halten! Das bewegt zutiefst.
Was man sich da als Eltern alles ausmalt, welche Träume man träumt: was aus dem Kind wohl alles werden kann. Wie es ihm im Leben ergehen wird Was es alles erleben wird. Am Anfang ist alles noch offen. Nichts steht fest. Aber alles kann man hoffen.
Hand in Hand mit der Hoffnung gehen aber die Sorgen. Ob das wirklich so werden wird, wie wir es uns erträumen? Vielleicht wird alles auch ganz anders. Welche Krankheiten werden alle drohen, welche Anfeindungen, welche Schicksalsschläge? Wird es wirklich glücklich werden, unser Kind?
Und diese Fragen werden mit den Jahren bekanntlich nicht kleiner. Sie alle kennen den Spruch: kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, große Sorgen. Die Sorgen hören niemals auf, egal wie alt die Kinder sind.
Ja, es ist so in unserem Leben: immer, wenn etwas beginnt, schwingen Sorgen mit – mal mehr, mal weniger. Immer fragen wir uns, ob das gelingt, was da begonnen hat, ob wir das Ziel wirklich erreichen.
Aber wenn etwas beginnt, dann gibt es eben auch Hoffnung. Die Hoffnung weicht erst, wenn wir Gewissheit haben, oder wenn wir enttäuscht sind, je nachdem.
Aber bis dahin begleiten sie uns, die kleinen und großen Sorgen.
In diesem Jahr, das nun in wenigen Tagen zu Ende geht, ist das so augenscheinlich wie schon lange nicht mehr. Selten gab es ein Weihnachtsfest, das so von Sorgen begleitet wurde wie heuer. Kriege, auch in Europa, Terror, Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, Teuerung usw. Viele fragen sich: wie wird das wohl weitergehen? Kommen wir einigermaßen glimpflich davon? Wie wird das unsere Gesellschaft hier in Österreich, in Europa überleben – wirtschaftlich, kulturell?
Viele von uns sind voller Sorge. Und diese Sorgen sind leider mehr als berechtigt.
Solange wir uns aber sorgen, solange gibt es noch kein Ergebnis, solange steht noch nichts fest, solange ist noch alles offen, solange dürfen wir hoffen, dass es ich zum Guten wenden wird. Denn, wo es Sorgen gibt, dort gibt es noch Hoffnung.
Ja, die Hoffnung ist die große Schwester der Sorge. Sie lässt uns weiter gehen, weiter tun, denn sie sichert uns eine Zukunft.
Oder überhaupt erst beginnen, loszugehen, sich in Bewegung zu setzen! So wie die Hirten in unserem Evangelium: was hat sie dazu bewogen nach Bethlehem zum Kind in der Krippe zu gehen? Ausgerechnet sie, die Hirten – nicht gerade die allerfeinste Gesellschaftsschicht damals. Ihr Ruf war nicht der allerbeste, sie waren eher Außenseiter, Outlaws, Männer, von denen man nicht genau wusste, ob man ihnen die Schafe auch wirklich anvertrauen konnte.
Was hat sie dazu bewegt, zu einem Neugeborenen in der Krippe zu pilgern? Die Hoffnung! Die Hoffnung auf einen Retter, auf einen Messias, wie es die Bibel ausdrückt, der das Volk Israel von der Knechtschaft der Römer befreit, Gerechtigkeit wieder herstellt und Frieden bringt in eine Zeit, die schon damals alles andere als friedlich war. Hoffnung motiviert, Hoffnung gibt Kraft und Zuversicht auch das vielleicht unmöglich erscheinende zu wagen.
Vielleicht ist Weihnachten deshalb so ein gefühlsbetontes Fest, vielleicht ist Weihnachten genau deshalb das große Fest in unserem Jahreslauf. Weniger als das Fest der Liebe, das sicher auch, sondern mehr das Fest der Hoffnung! Hoffnung, die wir gerade in Zeiten wie diesen so dringend brauchen.
Weihnachten ist nämlich das Fest des Anfangs und mit jedem Anfang ist vor allem eins verbunden: Zukunft. „In jedem Anfang wohnt ein Zauber inne…“, so hat es Hermann Hesse in seinem berühmten Stufengedicht ausgedrückt.
Natürlich ist jeder Anfang auch Quelle von Ungewissheit und Unsicherheit. Die Geburt eines Kindes, der Beginn eines neuen Lebens, jedes neue Jahr und, ja sogar jeder Tag bringen immer wieder neue Sorgen mit sich.
Aber solange wir Sorgen haben, solange haben wir auch eine Zukunft. Und solange es Zukunft gibt, solange gibt es Hoffnung.
So wünsche ich Ihnen und uns allen allen ein gesegnete und vor allem, ein hoffnungsvolles Weihnachtsfest.
Amen
Ihr Thomas Sobottka, Pastoralassistent
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