15. Sonntag im Jahreskreis, 
16. Juli 2023

15. Jul 2023 | Ankündigungen, GuterGedanke, Spirituelles

An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees.
Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich. Und alle Menschen standen am Ufer.
Und er sprach lange zu ihnen in Gleichnissen. Er sagte: Siehe, ein Sämann ging hinaus, um zu säen. Als er säte, fiel ein Teil auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen es.
Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war; als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte.
Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat.
Ein anderer Teil aber fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.
Wer Ohren hat, der höre!

Liebe Mitchristinnen und Mitchristen!
Wie viel wiegt ein Wort?
Manche meinen es wiegt gar nichts. Es ist nur Schall und Rauch. Ein Wort ist oft nur in den Wind gesprochen. Manchmal ist es schnell verhallt und vergessen.
Manche aber meinen ein Wort kann auch beträchtliches Gewicht haben, je nachdem, was dahintersteckt.
„Ich habe dein Wort.“ Und „Ich nehme dich bei deinem Wort.“ Die Worte eines Menschen wiegen oft schon sehr viel. Sie sind schnell ausgesprochen, manchmal vielleicht zu schnell und ohne an die Wirkung zu denken. Manchmal haben sie kaum Bedeutung, manchmal aber bleibt die Wirkung sehr lange. Dazu eine kleine Geschichte:
Es war einmal ein junger Bursche, der oft aufbrausend und jähzornig reagierte und auch genauso mit den Menschen in seinem Umfeld umging. Als ihn einmal ein älterer Mann darauf angesprochen hat, sagte er: „So bin halt einmal, ich entschuldige mich ja eh danach immer. Was soll ich tun?“
Da sagte der Mann: „Siehst du den Holzzaun da draußen? Gehe hinaus und schlage diese Nägel in den Zaun.“ Der Bursche machte es also so.
Als er damit fertig war sagte er zu dem alten Mann: „Was soll ich jetzt tun?“ Er erwiderte: „Geh hinaus und zieh alle Nägel wieder heraus.“
Bevor ich jetzt fertig erzähle – eine Frage: was bleibt von dieser Aktion zurück?
Diese Frage stellte der alte Mann auch dem Burschen und dieser bemerkte lauter kleine Löcher von den Nägeln im Holz des Zauns.
Da sagte der alte Mann zu ihm: „Siehst du, genauso ist es mit deinen Worten. Du kannst versuchen sie wieder zurückzunehmen, so wie die Nägel, die du wieder herausgezogen hast. Aber es bleibt immer etwas zurück!“
Worte sind den ganzen Tag, das ganze Leben für unser Miteinander wichtig und manchmal sind wir Sender und manchmal Empfänger.
Die Wichtigkeit der Worte – unserer Worte – wird auch im heutigen Evangelium als Gleichnis dargestellt. Drei Begriffe sind mir da besonders aufgefallen, die eigentlich alle mit uns und unseren Worten zu tun haben: der Sämann, die Saat, der Boden. All das könnten wir bzw. unsere Worte sein.

Da ist zunächst der Sämann:
Ein Mensch spricht pro Tag durchschnittlich 16.000 Worte – Worte die wir in verschiedenster Weise „aussäen“. Wie und wen wir damit erreichen, hängt unter anderem auch von der Betonung, der Lautstärke und dem Inhalt ab. Und eben an wen und wie wir sie sagen – 
„Der Ton macht eben die Musik“.
In einer Rede von 3 Minuten verbraucht man je nach Tempo zwischen 90 bis 120 Worte.
Ich habe seit Beginn meiner Interpretation zum heutigen Evangelium bereits über 350 Worte verbraucht. Worte, die wohl an alle gerichtet sind, die aber nicht jeden gleich erreichen.

Das liegt auch daran, weil wir manchmal wie der Boden sind:
Wir sind gegenüber der „Saat“ – den Worten manchmal wie fruchtbarer Boden, oder wie harter Fels. Manche Worte, egal ob persönlich an uns gerichtet oder für die Allgemeinheit, berühren uns und gehen unmittelbar in uns auf. Das können ein Film, ein Lied, eine Rede oder ein paar Worte eines Mitmenschen sein.
Und dann wieder kann es sein, dass Worte an uns abprallen wie die Saat am Fels. Vielleicht weil wir es einfach nicht wieder und wieder hören wollen, vielleicht weil wir den Sinn nicht verstehen, oder vielleicht weil wir uns mit manchen Aussagen nicht identifizieren können und wollen.

Und manchmal können unsere Worte wie Saatkörner sein:
Manchmal sind unsere „Saatkörner“ – unsere Worte von schlechter Qualität oder wir verwenden sie am falschen Boden. Das heißt wir verwenden Worte oder eine Sprache, die einfach niemand, den wir erreichen wollen versteht. Das kennen wir leider auch zu gut in der Kirche. Hier wird oft eine Sprache verwendet, auch in manchen Liedern, die nicht mehr zeitgemäß ist – die niemand verwendet und niemand versteht. Wenn wir mit unseren Worten – mit unserer „Saat“ etwas erreichen wollen, dann müssen wir sie so verwenden, wie sie für den jeweiligen Boden – für unser Gegenüber geeignet sind. Gerade in der Kirche, aber auch im täglichen Leben müssen wir die Menschen dort abholen, wo sie stehen.

Genug meiner Worte, die mittlerweile die stattliche Zahl von ungefähr 
700 erreicht hat. Was können wir uns davon und vom Evangelium heute mitnehmen:
·      seien wir behutsam und achtsam als Sender oder Sämann
·      seien wir aufmerksam und tolerant als Empfänger oder Boden
·      damit unsere Worte fruchtbarer und nahrhafter Samen für unsere Mitmenschen seien

 

Ihr
Wolfgang Kanelutti

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