5. Fastensonntag, 3. April 2022

2. Apr 2022 | Ankündigungen, GuterGedanke, Spirituelles

In jener Zeit ging Jesus zum Ölberg. Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es.
Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt.
Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du?
Mit diesen Worten wollten sie ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn anzuklagen. Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde.
Als sie das gehört hatten, ging einer nach dem anderen fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand. Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt?
Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!

Liebe Schwestern und Brüder!
…und Jesus schrieb auf die Erde.
Mich würde interessieren, was er da geschrieben hat. In keinem anderen Evangelium ist die Rede davon, dass Jesus etwas geschrieben hat. Wenn er lesen konnte, warum hat er nichts aufgeschrieben?
Die Gesetzestafeln des Mose waren in Stein geschrieben. Pilatus hat gesagt: „Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.“ Jesus aber schrieb in den Sand!
Geschriebene Gesetze sind notwendig. Sie schützen den Menschen und können nicht willkürlich verändert werden. Gesetze aber müssen weiterentwickelt werden und sich an die jeweiligen Erfordernisse anpassen. Davon sind auch die Mosaischen Gesetze nicht ausgenommen. Die Steinigung zur Zeit Jesu gab es noch als Lynchjustiz, wie etwa bei Stephanus. Sie wurde als Hinrichtungsart von den Römern nicht praktiziert.
Kein Gesetz gilt ewig. Jedes Gesetz wurde von Menschen einer bestimmten Kultur und Zeit entworfen. Das Gesetz ist ja für den Menschen da und nicht umgekehrt.
…und Jesus schrieb auf die Erde.
Das Evangelium zeigt deutlich, wie lebensgefährlich ein Gesetz sein kann, wenn es wortwörtlich ausgelegt wird. Die Rechtsnormen zur Zeit Jesu waren sexistisch. Sie gingen allein vom Mann aus. Wenn ein Mann ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau hatte, mussten beide sterben. Völlig unbeachtet blieb die Zustimmung oder Ablehnung der Frau. Schuld hatte sie auf alle Fälle. Zum Ehebruch aber gehören bekanntlich zwei. Warum muss die Frau alles ausbaden, wo sie vielleicht gar keine Schuld hatte?
Vielleicht schrieb Jesus gerade das in den Sand: „Wie behandelt ihr eure Frauen? Gebt ihr ihnen nicht Anlass zum Ehebruch durch eure Gleichgültigkeit und Respektlosigkeit, eure Gewalt oder eure Ignoranz gegenüber einer Liebe, die von Herzen kommt?“
Was würde Jesus heute angesichts der Schriftgelehrten und Pharisäer schreiben? Wie der brutale Missbrauch von Kindern und Jugendlichen jahrzehntelang vertuscht wurde und die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen wurden? Wie Frauen heute mit fadenscheinigen Argumenten von kirchlichen Ämtern ferngehalten werden? Dass eine andere sexuelle Orientierung als Sünde qualifiziert wird, aber wenn es um Geld, Macht, sogar Waffen geht, von Sünde keine Rede ist?
Wer von euch ohne Sünde ist!
Vor Gott sind wir immer Sünder. Uns steht es nicht zu, über Menschen zu urteilen. Schon gar nicht hat jemand das Recht, einen anderen Menschen zum Tode zu verurteilen. Jede Gesetz hat sich am Willen Gottes zu orientieren: Du hast nicht das Recht, ein Leben auszulöschen. Gott will, dass wir das Leben haben und es in Fülle haben.
…und Jesus schrieb auf die Erde.
Er bückte sich. Wer sich bückt, kann dem Anderen nicht in die Augen schauen. Er fixiert weder die Ankläger, noch die Angeklagte.
Wer von euch ohne Sünde ist!
Die Ankläger verstummen und verziehen sich. Schließlich steht Jesus allein da mit der Frau. Er fragt nicht nach ihrer Tat. Ich verurteile dich nicht. Geh und sündige nicht mehr! Geh und beginn ein neues Leben!
…und Jesus schrieb auf die Erde

Ihr
Heribert Hatzl
Pfarrvikar

Hochzeit zu Kana

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