7. Sonntag der Osterzeit, 29. Mai 2022
Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir. So sollen sie vollendet sein in der Einheit, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und sie ebenso geliebt hast, wie du mich geliebt hast.
Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon geliebt hast vor Grundlegung der Welt.
Gerechter Vater, die Welt hat dich nicht erkannt, ich aber habe dich erkannt und sie haben erkannt, dass du mich gesandt hast. Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und ich in ihnen bin.
Liebe Schwestern und Brüder!
Eine Stadt im Mittelalter war mit starken Mauern umgeben. Noch sicherer fühlten sich die Menschen in Burgen, die meist auf hohe Felsen gebaut wurden. Innerhalb der Mauern lebte man sicher und nach einer festgelegten Ordnung.
Wenn die Bevölkerungszahl wuchs, wurde die Stadt größer. Der Ring der Stadtmauer genügte nicht mehr. Die Stadt wurde eine offene Stadt, das Leben vielfältiger, reicher, komplizierter und auch problemreicher. Und doch: die Stadt blieb eine Einheit.
Damit kann man auch die Kirche vergleichen. Ein kleiner Kreis versammelte sich um Jesus. Durch die Kreuzigung wurde der kleine Kreis der Freunde Jesu gesprengt. Er versammelte sich neu um den auferstandenen Herrn. Doch bald setzte die Verfolgung ein und trieb die größer gewordene Schar der Christen auseinander. Sie zerstreute sich in alle Welt. Sehr verschieden waren die Menschen, die zu ihnen stießen: Juden, Griechen, Sklaven, Freie, Reiche und Arme. Damit wurde es immer schwieriger, die Einheit zu bauen. Wie sollten Afrikaner, Asiaten,Europäer eins sein? Alte Formen der Gemeinschaft reichten nicht mehr. Man musste neue Formen finden.
Heute sind da vielen Christen: Katholiken, Protestanten, Orthodoxe, Anglikaner, Baptisten usw. Wie sollen sie alle eins sein?
Es kam immer wieder zur Spaltung, bis zum heutigen Tag. Aber die Spaltung wurde nie um ihrer selbst willen gesucht, sondern entstand in dem Bestreben, eine bessere Verwirklichung des Evangeliums zu finden. Denken wir nur an das II. Vatikan und was daraus geworden ist. Vieles war gut gemeint. Aber bald kam es zur Spaltung.
Es gibt viele Möglichkeiten, christlichen Glauben zu leben. Deshalb suchen wir heute nach gemeinsamen Fundamenten des Glaubens. Wir verstehen Einheit nicht als Uniformierung — alle im Gleichschritt. Die Einheit wird heute gerade in der Mannigfaltigkeit sichtbar. Jeder kann beim anderen finden, was er nicht hat.
Jesus bittet seinen Vater: „Lass alle eins sein, wie du, Vater, in mir und ich in dir eins bin.“
Diese Einheit ist eine Einheit der Liebe. Und Liebe kann man nicht in eine Uniform zwängen. Auch bei den verschiedenen Liturgien, Gebete und Glaubensformen — verehren wir doch alle den selben Gott.
Trennung der Christen ist auch für die Welt immer ein Unglück. Viele Probleme sind heute nur weltweit zu lösen. Die Erhaltung des Friedens kann nur von allen Völkern der Welt gemeinsam erreicht werden. Reinhaltung der Luft, des Wassers, der Umwelt, ausreichend Nahrung kann von einem Volk allein nicht gesichert werden. Wenn Christen untereinander zerstritten sind, wird ihre Sendung unglaubwürdig.
Die mittelalterliche Stadt war ein Bild der Einheit. Gott will uns am Ende der Zeit vereinen in die „neue Stadt“, in das „himmlische Jerusalem“, heißt es in der Geheimen Offenbarung. Dort werden die Tore nicht geschlossen, in dieser Stadt wird jede/jeder Platz haben.
Wo wir hier schon die Tore offen haben füreinander, wo wir uns keine Prügel vor die Füsse werfen, da sind wir auf dem Weg zur Einheit. Da ist etwas von der „neuen Stadt“ schon hier und jetzt Wirklichkeit geworden.
Ihr
Heribert Hatzl
Pfarrvikar
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