6. Sonntag im Jahreskreis, 13. Februar 2022

12. Feb 2022 | GuterGedanke, Spirituelles

In jener Zeit stieg Jesus mit den Zwölf den Berg hinab. In der Ebene blieb er mit einer großen Schar seiner Jünger stehen und viele Menschen aus ganz Judäa und Jerusalem und dem Küstengebiet von Tyrus und Sidon waren gekommen.
Jesus richtete seine Augen auf seine Jünger und sagte: Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes.
Selig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet gesättigt werden. Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen.
Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und wenn sie euch ausstoßen und schmähen und euren Namen in Verruf bringen um des Menschensohnes willen.
Freut euch und jauchzt an jenem Tag; denn siehe, euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn ebenso haben es ihre Väter mit den Propheten gemacht.
Doch weh euch, ihr Reichen; denn ihr habt euren Trost schon empfangen.
Weh euch, die ihr jetzt satt seid; denn ihr werdet hungern. Weh, die ihr jetzt lacht; denn ihr werdet klagen und weinen.
Weh, wenn euch alle Menschen loben. Denn ebenso haben es ihre Väter mit den falschen Propheten gemacht.

Liebe Pfarrgemeinde!

„Kommen Sie, kommen Sie. Wir bieten Ihnen Garnichts – ja sogar im Gegenteil. Bei uns sollen Sie nichts zu lachen, nichts zu essen und keinen Luxus haben! Dafür garantieren wir Ihnen Hunger, Traurigkeit und Armut. Kommen Sie, kommen Sie!“
Das war eine unentgeltliche Werbeeinschaltung des falsch verstandenen Christentums.
Würden Sie einer derartigen Werbung folgen und einem Verein beitreten, der Ihnen das anbietet? Oder eine Partei wählen, die so wirbt? Wohl kaum!
So betrachtet, ist dieses Evangelium eine Zumutung.
Unpassender könnte es gar nicht sein. Gerade jetzt, wo wir gerade ohnehin nicht oft etwas zu feiern und zu lachen haben und das noch dazu in der Faschingszeit, heißt es im Evangelium: „Weh Euch, die Ihr jetzt lacht, denn Ihr werdet klagen und weinen!“
Unpassender könnte es gar nicht sein. Als ob man uns den Spaß verderben wollte! Als ob man uns das bisschen Freude und ein wenig Ausgelassenheit im ansonsten oft schwierigen Alltag einfach nicht gönnen würde. „Weh Euch, die Ihr jetzt lacht!“
Da werden doch wieder einmal alle Klischees bedient. Da triumphieren all diejenigen, die ja schon immer behauptet haben, dass Kirche der große Spaßverderber sei, dass sie sowieso gegen alles ist, was irgendwie Freude macht. Sie kennen ja das Sprichwort, das auf diesem Hintergrund entstanden ist: „Alles was Spaß macht ist entweder Sünde oder macht dick!“
Dabei stimmt das doch gar nicht! Gerade unser Glaube will doch dazu helfen, dass Menschen glücklich, zufrieden und froh werden können. Wir haben eine frohe Botschaft zu verkünden. Und auch die Faschingszeit, ist so stark mit unserem religiösen Brauchtum verbunden. Fasching gibt es, weil es eine Fastenzeit gibt – weil es diese Vorbereitungszeit auf Ostern gibt, und weil die Menschen vor dieser österlichen Bußzeit noch einmal richtig ausgelassen feiern wollten und das bis in die Kirchen hinein! Es stimmt also gar nicht, dass Kirche etwas gegen Freude und Ausgelassenheit hätte, dagegen, dass Menschen sich freuen und lachen.
Und es stimmt genauso wenig, dass Jesus ein Miesepeter gewesen sei, der immer nur ernst und mit verklärter Miene durch die Welt gegangen wäre.
Sein erstes Wunder fand auf einer Hochzeit statt, auf einem Fest, auf einer Feier, die in aller Regel absolut nichts Trauriges an sich hat. Und er sorgt dort auch noch ausgerechnet für den Wein, für ein Getränk, das normalerweise dafür verantwortlich ist, dass solch eine Fest im Verlauf des Abends nur noch ausgelassener wird. Er sorgt dafür, dass Menschen ausgelassen feiern, sich freuen, fröhlich und glücklich sind.
Was soll aber dann diese, auf den ersten Blick merkwürdige Stelle im heutigen Evangelium?
Mir fällt auf, dass die Seligpreisungen vor den Wehrufen stehen. Die Seligpreisungen stehen an erster Stelle. Sie haben Vorrang. Sie wiegen mehr. Denn Gott hat seine Freude daran, Menschen seinen Reichtum und damit die Seligkeit zu schenken. Gott will Rettung und Heil, nicht Untergang und Verderben.
Jesus will uns mit seinen Wehrufen auch gar nicht alles Schöne des Lebens vermiesen. Wir dürfen lachen und fröhlich sein. Nur dürfen wir dabei die andere Seite der Wirklichkeit nicht übersehen und uns nur um uns selbst kümmern und auf Kosten anderer leben.
Die Reichen, die Satten, die Erfolgreichen stehen im Evangelium für Menschen, die scheinbar alles haben, die meinen auf niemanden mehr angewiesen zu sein. Es sind Menschen, die sich selbst genügen, sich selbst zum Mittelpunkt machen und dabei andere an den Rand drängen und vergessen. Menschen, die die Not der Mitmenschen nicht mehr wahrnehmen, die gleichgültig und abgestumpft in den Tag hineinleben.
Die Wehrufe sind so etwas wie Weckrufe. Sie wollen zur Besinnung, zur Umkehr rufen. Sie wollen zur Kurskorrektur bewegen. Sie wollen nicht verdammen und zugrunde richten. Auch ihr Ziel ist Seligkeit. Denn eines ist klar: Jesus hat Armut, Hunger, Not, Trauer usw. nicht an sich als gut angesehen. Er will auch nicht, dass wir uns mit Not und Unrecht abfinden.
Gemeint ist also hier den Hunger nach Gerechtigkeit zu erhalten, den Hunger nach anderen Menschen und echten Begegnungen, die Bereitschaft, zu teilen, zu helfen, sich einzufühlen, Not zu sehen und zu lindern.
Und gemeint sind andererseits hier diejenigen, die dafür verantwortlich sind, dass andere nicht einmal das Nötigste zum Überleben haben. Diejenigen, die nicht im Geringsten an die Auswirkungen für andere denken und die ihre Macht mit allen nur erdenklichen Mitteln ausbauen möchten.
Wehe also den Menschen, die den Blick für das wesentliche verloren haben und ÜBER die Bedürfnisse anderer lachen.
Selig aber diejenigen, die zufrieden und dankbar sind, dafür was sie haben. Selig diejenigen, die die Welt und ihre Nächsten nicht nur mit den Augen, sondern auch mit dem Herzen sehen. Selig sind die, die sich mit anderen zusammen von Herzen freuen können, gemeinsam feiern und ausgelassen fröhlich sein können.
Amen.

Ihr Wolfgang Kanelutti

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