Welttag der Armen, 13. November 2022
Lesung: 2 Kor 8, 1-13
Wir berichten euch jetzt, Brüder und Schwestern, von der Gnade, die Gott den Gemeinden Mazedoniens erwiesen hat. Während sie durch große Not geprüft wurden, verwandelten sich ihre übergroße Freude und ihre tiefe Armut in den Reichtum ihrer selbstlosen Güte. Ich bezeuge, dass sie nach Kräften und sogar über ihre Kräfte spendeten, ganz von sich aus. Sie haben uns eindringlich um die Teilnahme an diesem Liebeswerk und die Gemeinschaft des Dienstes für die Heiligen gebeten. Und über unsere Erwartung hinaus haben sie sich eingesetzt, zunächst für den Herrn, aber auch für uns, wie es Gottes Wille war. Daraufhin ermutigten wir Titus, dieses Liebeswerk, das er früher bei euch begonnen hatte, nun auch zu vollenden. Wie ihr aber an allem reich seid, an Glauben, Rede und Erkenntnis, an jedem Eifer und an der Liebe, die wir in euch begründet haben, so sollt ihr euch auch an diesem Liebeswerk mit reichlichen Spenden beteiligen. Ich meine das nicht als strenge Weisung, aber ich gebe euch Gelegenheit, angesichts des Eifers anderer auch eure Liebe als echt zu erweisen. Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus: Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen. Ich gebe euch nur einen Rat, der euch helfen soll; ihr habt ja schon voriges Jahr angefangen, etwas zu unternehmen, und zwar aus eigenem Wollen. Jetzt sollt ihr das Begonnene zu Ende führen, damit das Ergebnis dem guten Willen entspricht – je nach eurem Besitz. Wenn nämlich der gute Wille da ist, dann ist jeder willkommen mit dem, was er hat, und man fragt nicht nach dem, was er nicht hat. Denn es geht nicht darum, dass ihr in Not geratet, indem ihr anderen helft; es geht um einen Ausgleich.
Evangelium: Mt 6, 19-21
Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen! Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
Liebe Gemeinde, liebe Kinder,
liebe MitchristInnen, liebe Mitchristen!
Heute findet der sogenannte „Welttag der Armen“, oder auch Elisabethsonntag genannt, das 6. mal statt. Aber noch nie war er so dringend und akut.
Wir alle wissen das und erfahren es jeden Tag aufs Neue, wenn wir nur die Nachrichten im Fernsehen verfolgen: durch die Folgen der Pandemie der letzten beiden Jahre, durch den noch immer andauernden, sinnlosen Krieg in der Ukraine und nicht zuletzt durch die immer stärker werdenden Auswirkungen des Klimawandels, steigt weltweit die Anzahl an Geflüchteten, Vertriebenen und Menschen, die arm und in Bedrängnis sind, dramatisch an. Und das auch bei uns, im reichen Österreich.
Armut bedeutet, dass ich so wenig Einkommen habe, dass mir der Erwerb aller lebensnotwendigen Ressourcen (Essen, Kleidung, Wohnung und alles was damit zusammenhängt, jetzt im Winter natürlich dringend: Heizung) nicht mehr möglich ist.
Derzeit sind 14,7% der österreichischen Bevölkerung (= knapp 1,3 Millionen Menschen) in dieser menschenunwürdigen Situation. Sie gelten als akut armutsgefährdet, das betrifft leider auch viele Kinder. Und: die Tendenz ist steigend!
Kein Wunder! Um das nachzuvollziehen brauche ich eigentlich nur im Supermarkt einkaufen zu gehen: Butter ist (im Jahresvergleich) um 76%, Eier um 47%, Mehl um 129%, Speiseöl um über 200% teuerer geworden, usw…
Das betrifft uns alle, aber natürlich jene besonders hart, die eh schon wenig Geld zur Verfügung haben.
Dazu kommt die immense Teuerung im Energiebereich. Diese wird jetzt im Dezember, spätestens aber im Frühjahr, zu vielen Nachzahlungsaufforderungen für Strom und Gas führen. Und das wird viele Menschen, im wahrsten Sinne des Wortes, existenziell bedrohen, trotz der staatlichen Hilfen, die es zum Glück in unserem Land ja gibt.
Die Folgen für viele, auch für jene, die bis jetzt eigentlich ganz gut über die Runden gekommen sind, katastrophal: Rechnungen bleiben unbezahlt, der Kühlschrank bleibt leer, die Wohnung bleibt kalt. Ein Horror, wenn ich mir das nur vorstelle!
Ich mache jetzt einen Schnitt.
Gehen wir jetzt fast 2000 Jahre zurück, etwa ins Jahr 46 n.Chr.: im Land Judäa, im heutigen Israel, herrscht aufgrund Getreidemangels, vielleicht wegen Missernten und Dürre, eine akute Hungersnot. Nahrungsmittel, vor allem das existentielle Getreide zur Brotherstellung, dem Grundnahrungsmittel schlechthin, werden knapp, die Preise steigen exorbitant.
Vor allem die ärmere Bevölkerung kann es sich nicht mehr leisten, das Nötigste zum Überleben einzukaufen. Vor allem in der Großstadt Jerusalem, die komplett auf Getreideimporte angewiesen ist, wirkt sich die Hungersnot verheerend aus: tausende Menschen, Männer, Frauen, ja auch Kinder sterben, in dem sie buchstäblich verhungern.
Da beginnt der Apostel Paulus, eine Hilfsaktion zu starten: in einem Brief an die ersten Christen in der Hafenstadt Korinth bittet er um Spenden für die notleidenden judenchristlichen Schwestern und Brüder in Jerusalem und Umgebung. Diese Sammlung wird als die berühmte antiochenische Kollekte in die Kirchengeschichte eingehen.
Als dann nach einer Weile das Engagement nachlässt, der erste Schwung sozusagen verloren ist, die Hungersnot aber noch andauert, bittet er die Korinther abermals in einem leidenschaftlichen Schreiben, in ihrem Engagement nicht nachzulassen: „jetzt“, schreibt er, „sollt ihr das Begonnene zu Ende führen, damit das Ergebnis dem guten Willen entspricht, je nach eurem Besitz“. Wir haben es vorhin in der Lesung gehört.
Wir stehen also in der urchristlichen Tradition der Solidarität mit den Hilfsbedürftigen, wenn wir uns auch heute an der „Kollekte“ am Welttag der Armen beteiligen.
Das ist keine neue Erfindung unserer Kirche von heute, ständig zu sammeln, sondern es ist unser ureigenster Beitrag aus dem Auftrag Jesu heraus: das, was wir — die wir glücklicherweise in einem der wohlhabendsten Ländern der Erde leben dürfen — haben, mit denen versuchen zu teilen, die nichts haben. Denn so wollte es Jesus: was „gehört“ (im wahrsten Sinn des Wortes) schon einem Menschen. Welchen Reichtum, welche Schätze sammelt der an, der weiß, dass all seine Habe nur ein Geschenk ist — eine Leihgabe zur Linderung des Leids in der Welt (nach E. Drewermann).
Und deshalb schon jetzt ein ganz herzliches Vergelt´s Gott für alles, was Sie spenden,
Amen
Thomas Sobottka
Pastoralassistent
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