Ostersonntag, 17. April 2022
Am ersten Tag der Woche kam Maria von Mágdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war. Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem anderen Jünger, den Jesus liebte, und sagte zu ihnen: Sie haben den Herrn aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wohin sie ihn gelegt haben. Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus und kamen zum Grab; sie liefen beide zusammen, aber weil der andere Jünger schneller war als Petrus, kam er als Erster ans Grab. Er beugte sich vor und sah die Leinenbinden liegen, ging jedoch nicht hinein. Da kam auch Simon Petrus, der ihm gefolgt war, und ging in das Grab hinein. Er sah die Leinenbinden liegen und das Schweißtuch, das auf dem Haupt Jesu gelegen hatte; es lag aber nicht bei den Leinenbinden, sondern zusammengebunden daneben an einer besonderen Stelle. Da ging auch der andere Jünger, der als Erster an das Grab gekommen war, hinein; er sah und glaubte. Denn sie hatten noch nicht die Schrift verstanden, dass er von den Toten auferstehen müsse.
Liebe Gemeinde, liebe Mitchristinnen, liebe Mitchristen!
Eigentlich fällt es mir heute, am Ostersonntag des Jahres 2022, sehr schwer, in den Osterjubel, in das allgemeine „Halleluja“ einzustimmen, angesichts der Kriegs-Umstände, die derzeit in unserer nahen Umgebung, in Europa, in der Ukraine herrschen. Da müssen Menschen sinnloses Leid erdulden, die nichts dafür können. Aus größenwahnsinnigen, machtpolitischen Gründen wird ein Land kriegerisch überfallen und es herrscht Krieg und Zerstörung. Menschen sterben völlig unschuldig, es wird gefoltert, vergewaltigt, gemordet und zerstört, niedergebombt. Millionen Ukrainern bleibt nur noch die Flucht, alles zurücklassen, die Heimat, die Häuser und Wohnungen, 2/3 der Kinder in der Ukraine sind derzeit auf der Flucht und der Rest erlebt die Angst ums Überleben in Luftschutzbunkern, U-Bahnstationen und Kellern. Was für menschliche Tragödien! Eigentlich sollte man schweigen ….
Aber da fällt mir ein Bild ein: eine Blume, die den Asphalt durchbricht und, wie ein Wunder(!) blüht.
Wir können es oft auch auf so manchen Straßen und Autobahnen beobachten und es ist wie ein Wunder: immer wieder schaffen es Blumen, durch den Asphalt zu wachsen. Man meint ja, wenn eine Fläche mal asphaltiert oder zubetoniert ist, verwaltungstechnisch sprechen wir ja von “Versiegelung“ dann muss darunter alles tot sein, dann kann da nichts mehr wachsen, dann ist es aus mit dem Leben! Aber: oft schaffen es Pflanzen, trotzdem zu wachsen und zu blühen. Das Leben, die Natur scheint stärker zu sein als das, was wir Menschen erschaffen. Es ist offensichtlich wirklich so: das Leben ist stärker als der Tod!
Und war das damals in Jerusalem mit diesem Wanderprediger namens Jesu nicht auch so eine Art Versiegelung? Man wollte ihn mit seinem Tod am Kreuz endgültig und für immer mundtot machen. Diesen unbequemen Rabbi, der die Menschlichkeit einfach so mir nichts dir nichts über das Gesetz stellte und damit die gesamte religiöse Ordnung auf den Kopf stellte?
Da musste dagegen angegangen werden. Da musste ein Anklagepunkt gefunden werden. Aber, wie wir aus der Passion wissen, war das gar nicht so einfach. Aber auch da fand man Mittel und Wege: falsche Zeugen wurden aufgerufen und die römische Verwaltung mit der Hinrichtung beauftragt.
Da war dann mit dem schändlichen Kreuzestod Jesu scheinbar alles aus! Für immer versiegelt sozusagen. Scheinbar! Die Jünger und Jüngerinnen waren total geschockt, traumatisiert würden wir heute sagen. Die haben sich zurückgezogen und waren davon überzeugt, dass sie von nun an in ihr altes Leben zurück mussten. In ihr Leben, bevor sie Jesus begegnet sind. Und dann das: die Botschaft, dass dieser Jesus lebt!
Es ist ja höchst interessant, wie das heutige Evangelium uns dieses Ereignis schildert: der Wettlauf der beiden Simon Petrus und dem Jünger, den Jesus liebte, als Bild, als Allegorie, wie die beiden Jünger zum Glauben kommen. Der eine, Petrus, geht als erster ins Grab und stellt Untersuchungen an: wie sieht es dort aus, wie liegt das Schweißtuch dort usw. Er kommt, wie ein Kriminalbeamter, dann zur Erkenntnis: Grabschändung, oder Leichenraub kann es nicht gewesen sein, denn dann sähe es hier anders aus.
Der andere Junger hingegen, der, den Jesus liebte, er war der erste, der glaubte.
Denn vergessen wir nicht: wir befinden uns im Johannes Evangelium. Da wird dieser Jünger nicht namentlich genannt, er heißt nur „der andere Jünger“ oder eben „der Jünger, den Jesus liebte“: Und ich wage jetzt zu behaupten, dass diese Liebe etwas mit seinem Glauben zu tun hat. Weil Jesus ihn besonders liebte, war er als erster fähig zu glauben. Wobei nicht so genau dasteht, was er eigentlich glaubte. Aber ich vermute, das ist bei uns allen so ähnlich: wo wir geliebt werden, wo wir uns angenommen fühlen, da glauben wir mehr. Da vertrauen wir mehr. Da brauchen wir nicht dauernd irgendwelche Beweise. Also auch hier: die Liebe ist stärker, stärker als der Zweifel, als das rationale Wissen.
Mit dieser und mit einigen anderen Auferstehungsgeschichten versuchten die frühen Christen, die Auferstehung Jesu in Worte zu fassen, sie ins anschauliche Bild zu bringen. Man wollte der damaligen jüdischen Obrigkeiten, die ja sofort Lug und Trug witterten, Beweise entgegen setzen.
Wir Christen des 21. Jahrhunderts wissen inzwischen, dass wir die Auferstehung Jesu nicht beweisen können und nicht beweisen müssen. Denn Faktum ist, dass die Jüngerinnen und Jünger bezeugt haben, dass dieser Jesus lebt. Und sie waren so überzeugend, dass auch viele andere überzeugt wurden und somit zum Glauben kamen. Fakt ist weiterhin, dass sich daraufhin Gemeinden bildeten, die sich auf Jesus beriefen, und dass so die Kirche entstand und dass offensichtlich schon über 2.000 Jahre dieser Jesus in seiner Kirche lebt und wirkt, durch alle Höhen und Tiefen hindurch. Das alles ist natürlich kein Beweis für die Auferstehung Jesu, aber, und das ist viel wichtiger: das ist die Auferstehung Jesu!
Denn entscheidend ist letztlich nicht, wo der Leichnam Jesu hingekommen ist, entscheidend ist, dass Jesus und seine Botschaft uns etwas bedeutet, dass er so unter uns lebt. Und dann können wir ihn auch als den Auferstandenen bezeugen und feiern. Er lebt unter uns, wo wir in seinem Namen beisammen sind und aus seinem Geist versuchen zu leben. Wo wir einander helfen, einander heilen, wie er geheilt hat, wo wir einander Schuld vergeben, wie er vergeben hat, wo wir in den Armen, in den Bedürftigen, in den Flüchtenden Jesus sehen, ihre Not wahrnehmen und Menschlichkeit zeigen – da lebt Jesus unter uns.
Denn: das Leben und die Liebe sind stärker als der Tod. Das hat Jesus uns vorgelebt, in seinem Leben, in seinem Sterben.
So wie es Blumen immer wieder durch den Asphalt schaffen, so wird das Leben, so dürfen wir hoffen, die Liebe auch Haß und Gewalt besiegen, so wird am Ende, auch das meine Hoffnung, die Menschlichkeit über die Barbarei siegen.
Amen
Thomas Sobottka
Pastoralassistent
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